Nürnberg 1.5. 2014 Feiern und Film
Fahre nach Nürnberg. Wir gehen in die Innenstadt, folgen der Musik zur ersten Maifeier. Viel Rauch von den Grillständen, nicht von der Bühnenshow, steigt auf. Fleischspiesse, Cevapcici, Koteletts und Gösleme –Flade mit Schafskäse und Kräutern locken. Wie sitzen eingezwängt zwischen einer türkischstämmigen Familie und trinken Ada-Cay. Die kleine Prinzessin bläst in ihre Trillerpfeife, der Bub beißt genussvoll in seinen Nutellapfannkuchen. Vorne tönt die Band „Knock knock an die Himmelstür“.
Abends gehen wie ins E-Werk, zu den polnischen Filmwochen.
Der Film „Maria Muss packen“, eine polnisch –österreichische Produktion wird gezeigt. Gleich beim Einstieg springt der Funke der Sympathie zu Maria über. Sie öffnet ihrem Enkel Filipo, mit einem großen Lächeln die Türe. Filipo Malinovski zeichnet im Film die aktuelle sehr schwierige Situation seiner Großeltern auf, die 66 Jahre in dieser Wohnung wohnten und nun ausziehen sollen. Wir sehen Maria und Tadeusz, wie sie mit dieser Situation umgehen und uns aus ihrem Leben erzählen. Ich bin sehr berührt und angeregt. Mich beschäftigt das Thema der Einbettung in die Familie. Denn anscheinend geben auch die Enkel und Kinder den beiden Unterstützung. Maria und Tadeusz sind Intellektuelle, über 80 Jahre alt und wissen sich zu helfen. Sie können mit dem Computer umgehen und sich anwältliche Hilfe holen. http://www.soleilfilm.at/mariamusspacken/
Ich frage mich, wie es Menschen ergeht, deren Bedingen nicht so gut sind, die der Willkür der neoliberalen Gier alleinig ausgesetzt sind.
Welche Verantwortung trage ich, tragen wir? Der Staat, der Rechtsstaat, hat Verantwortung. Speziell den die existellen Notwendigkeiten wie Wohnung, Gesundheitssystem, Wissensvermittlung, und Wirtschaft so zu organisieren, dass die Mitbürgerinnen in diesem Staat gut leben können. Dass die Rechte und Pflichten verteilt werden, dass alle eine Chance haben. Doch jede/jeder Einzelne von uns trägt ebenso Verantwortung. Wie ist es mit Mensch, denen es nicht gelingt in einer sozialen Verbindung mit anderen zu sein und von dieser getragen zu werden. In den
späten 70er Jahre bis 80er Jahre mussten/wollten wir, entgegen der vorherigen Generation, uns mit anderen in neuer Weise zusammen tun. Mein Leben war erfüllt von Gruppentätigkeiten. Ich war engagiert in der Schülerschule meiner Tochter. Das war ein Kinder-, Eltern- und LehrerInnenkollektiv. Ich war in intensiver Auseinandersetzung mit den Kolleginnen meiner Psychotherapieausbildung. Ich war in Freundschaf und Verschwesterlichung mit den Frauen des Frauenforums Urania verbunden. Ich traf mich mit den Frauen der Lesegruppe „Frauengeschichte“ und hörte vom Matriarchaten. Ich war im Mütterarbeitskreis und wir demonstrierten am Stephansplatz und an internationalen Frauentagen. In den Jahren danach passierte viel Vereinzelung und Individualisierung. Neue Orientierung beruflicher und familiärer Art beschäftigte viele von uns.
Ich denke, dass wir nun die sozialen Kräfte und Verbindungen wieder bestärken müssen. Dass nach einer Zeit, wo es uns so wichtig war, das Selbst zu bekräftigen, das WIR wieder mehr zu leben ist.