Wien 5.5. 2018 Fortsetzung Kap. 4

Die meisten Teilnehmer/innen der Trancereisen gehen das Wagnis des Zeichnens dann doch ein. Denn es ist eine bemerkenswerte Auswirkung der Ekstatischen Trance, dass sich das Selbstbild ändert, mehr Mut gefasst wird und sich selbst mehr zugetraut wird. Das drückt sich auch beim Zeichnen aus und es entstanden auch bei den anderen Trancereisenden interessante Bilder.
Bei meinen eigenen Dokumentationen benutzte ich anfangs das Zeichnen, wie auch das Protokollieren, mehr als Hilfsmittel für die Integration des Tranceerlebens, da dadurch die Verbindung der beiden Gehirnhälfte gefördert wird. Langsam wandelte sich meine Einstellung und das Aussehen der Bilder. Nach und nach wurde ich neugierig darauf, was die Tranceenergie durch mich hervorbringen würde. Ich fand Gefallen am Entstehungsprozess und an den Bildern selbst. Die Bilder entstehen rasch, in ein paar Minuten. Ich spüre manchmal einen Entscheidungsmoment mich entweder mehr formlos oder geformt auszudrücken. Meistens habe ich zu Beginn, keine Ahnung was jetzt kommen wird. Ich lasse mich zu einer Farbe führen und beginne zu kritzeln. Manche Formen, die dann entstehen sind mir schon bekannt, ähneln vorangegangenen Zeichnungen. Frauengestalten und Göttinnen zeigen sich, ebenso Kreise, Regenbogen und Strahlen. Wieder andere Formen sind mir gänzlich fremd. Könnte ich manche Bilder als Ausdruck eines inneren Zustandes verstehen, so scheinen andere Bilder nicht aus mir heraus, sondern vor allem, durch mich Gestalt anzunehmen,  als wäre ich ausschließlich das ausführende Organ.  Formen dieser Graphiken sind manchmal eckig, wie das weiter unten zu sehenden Bild „Thangka“[1] oder das Bild „Leuchten – Strahlen - Glühen“. Die Bilder verwundern mich, überraschen mich mehr als andere Graphiken. Vielleicht hat das auch mit den zwei Gruppen von Formen in der Trance zu tun über die David Lewis-Williams und Thomas Dowson[2]schreiben.              

 
Abb. 8: „Thangka“ (H.B.) und Abb. 9: Kalachakra Mandala
[3]

Beim Papierformat blieb ich beim Quadrat und benutzte weiter Ölkreiden, aber auch Buntstifte, Bleistifte und Aquarellfarben. Das Bild bekam, ebenso wie der Trancetext, einen Titel, um die Energie der Trance zu sammeln und auf einen Punkt zu bringen. Später war das bei der Auswertung der Trancen sehr hilfreich.

Anhand einer Auswahl von Tranceerlebnissen mit Bild und Gedicht möchte ich erkunden ob es eine roten Faden und welche Gemeinsamkeiten es in den Tranceerleben gibt.

[1] Ein Thangka ist eine Ikonenmalerei des lamaistischen Buddhismus

[2]Lewis-Williams, J. D.; Dowson, T. A. (1988):The signs of all times — entoptic phenomena in upper paleolithic art. Curr. Anthropol., 29 (2), 201–245 „Mitte der 80er-Jahre schlugen die südafrikanischen Archäologen David Lewis-Williams und Thomas Dowson vor, dass die Felskunst der europäischen Altsteinzeit auf schamanische Visionen zurückgeht (Lewis-Williams und Dowson 1988). Menschen in Trance oder unter Drogeneinfluss erfahren subjektive visuelle Phänomene, die sich grob in zwei Gruppen teilen lassen: Einerseits bildliche Halluzinationen, andererseits abstrakte geometrische Formen.“

[3] Ein nepalesischer Thangka, ähnlich dem Trancebild, als Beispiel des unbewussten Inhalts.

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Hermine Brzobohaty-Theuer | Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
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